Gravierende Gründe für Umbenennung – Gewählte Gremien entscheiden

Gunther Heinisch, stellvertretender Sprecher der GRÜNEN im Mainzer Stadtrat, betont in der Debatte über die beabsichtigte Umbenennung der Hindenburgstraße und des Hindenburgplatzes das Entscheidungsrecht der gewählten Gremien und würdigt die Arbeit der AG Straßennamen:

„Die Entscheidung über mögliche Umbenennungen von Straßennamen liegt bei den gewählten Gremien. Es ist das hoch geachtete Recht der Ortsbeiräte, Benennungsvorschläge zu machen, über die im Kulturausschuss beraten und abschließend im Stadtrat entschieden wird.

Für die GRÜNE Ratsfraktion überwiegen in der Gesamtabwägung klar die Gründe, die für eine Umbenennung sprechen: Hindenburg hat als Reichspräsident ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die NS-Diktatur errichtet werden konnte. Als Staatsoberhaupt mit starken Befugnissen stand er während der Transformation zum Führerstaat an der Spitze.

Im Laufe des Februar 1933 erließ Reichspräsident Hindenburg Notstandsverordnungen, mit denen die Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. In der Folge kam es zu Massenverhaftungen von Mitgliedern oppositioneller Parteien und zur Zerschlagung der Gewerkschaften. Ab dem März 1933 wurden die ersten Konzentrationslager errichtet. Bis 1945 waren Hindenburgs Verordnungen die formale Legitimation der Verhaftungen und Verfolgung durch die Geheime Staatspolizei („Gestapo“).

Hindenburg unterzeichnete im März 1933 vom Reichstag verabschiedete Ermächtigungsgesetz. Damit war das in der Verfassung festgelegte alleinige Gesetzgebungsrecht des gewählten Parlaments aufgehoben. Die Grundlage der Demokratie war damit beseitigt.

Bis Juli 1934 nahm Hindenburg die Aufgaben als Reichspräsident wahr. Mit ihm als Staatsoberhaupt wurden wesentliche Grundlagen der NS-Diktatur geschaffen: Beispielsweise die Errichtung des NS-Staats als Einparteienstaat und die Unterstellung des Staates unter die Führung der NSDAP. Auch die Entfernung von Jüdinnen und Juden aus dem öffentlichen Dienst wurde in dieser Zeit vollzogen.

Die vom Stadtrat im Juni 2011 beschlossene Arbeitsgemeinschaft hat sich um die Aufarbeitung NS-belasteter Straßennamen verdient gemacht. Erstmals wurden NS-belastete Straßennamen mit ihrer Benennungsgeschichte systematisch überprüft und die Biografien der namensgebenden Personen aufgearbeitet. Der Abschlussbericht der AG wurde von den Gremien als eine Grundlage für die weitere Entscheidungsfindung zur Kenntnis genommen.

In anderen Städten haben entsprechende Fachkommissionen beim gleichen Namensgeber ähnliche Kriterien beachtet wie in der Mainzer AG, aber in der Gesamtabwägung einstimmig oder mit großer Mehrheit eine Umbenennung empfohlen. In vielen Städten wie beispielsweise Frankfurt, München, Nürnberg, Aachen, Fulda, Münster, Freiburg, Hannover, Darmstadt und Trier wurden Umbenennungen der nach Hindenburg benannten Straßen und Plätzen beschlossen.“